In der Schweiz wurden bis jetzt über 435’000 Medienbeiträge zum Thema Corona veröffentlicht. Es ist offensichtlich, dass dieses Thema die Gesellschaft stark beschäftigt. Auch die Kirchen finden sich in einer neuen, einzigartigen und unerwarteten Situation wieder. Am Thinktank «Kirche und Corona» ging es darum, die gegenwärtige Situation zu reflektieren sowie Lösungsansätze zu identifizieren. Dazu dienten spannende Referate sowie anregende Austauschrunden in Gruppen.

 

Corona fordert die Kirchen heraus, sich zu fragen, wo ihre blinden Flecken sind, die sie nicht wahrhaben wollen: sogenannte schwarze Elefanten, die – wie eine Pandemie – nicht unerwartet kommen, uns dann aber doch überrumpeln. Nach diesem einleitenden «Weckruf» beleuchtete der selbständige Berater Dr. Andreas Walker die verschiedenen Megatrends, welche die heutige Gesellschaft prägen und unser Denken und Handeln beeinflussen. Dazu gehören beispielweise die Digitalisierung, die Überalterung der Gesellschaft, die Komplexität der Welt und die Positionierung der Gesundheit als höchster Wert in der Gesellschaft. Zentral sei es, sich in dieser Zeit der Veränderung mit der Bedeutung von Hoffnung auseinanderzusetzen und sich bewusst für eine Haltung der Hoffnung zu entscheiden, statt sich von Emotionen, insbesondere Angst, leiten zu lassen.

Prof. Dr. Stefan Schweyer von der STH Basel machte darauf aufmerksam, dass Jesus Christus die Mitte der Kirche ist – und nicht Corona. Alles um diese Mitte kann sich verändern, doch die Botschaft des Evangeliums bleibt das Zentrum. In einer Zeit, in der gelte «keine Wirtschaft ohne gesunde Menschen und keine gesunden Menschen ohne Wirtschaft», könnte es zur Aufgabe der Kirche gehören, die vorherrschenden Maximen «Hauptsache reich» und «Hauptsache gesund» zu entlarven.

 

Innovation statt Reaktion

Prof. Dr. Thomas Schlag von der Universität Zürich stellte in einem zweiten Teil die CONTOC-Studie («churches online in times of corona») vor, an der 6500 Pfarrpersonen und Seelsorgende aus über 20 Ländern – darunter der Schweiz – im letzten Sommer teilnahmen. Sie zeigt unter anderem, dass die digitale Präsenz nicht automatisch theologische Relevanz bedeutet. Zudem seien in der digitalen Zukunft eine Veränderung im Rollenverständnis sowie partizipative Kommunikationsformen notwendig, die Menschen individuell ansprechen.

Was bedeutet Corona für Mission und Evangelisation? Debora Alder-Gasser, leitende Mitarbeiterin der Vineyard Bern, sagte dazu: «Ich habe den Eindruck, dass wir uns in den Kirchen mehr damit beschäftigt haben, wie wir unseren Mitgliedern dienen können, als wie wir unseren Städten und Regionen dienen, Orte der Hoffnung schaffen und Menschen einladen können, die nie in eine Kirche gehen würden.» Die digitale Präsenz sei vielmehr eine Reaktion als eine Innovation. Innovation heisse, zukunftsgerichtet zu handeln, dem Auftrag der Kirche treu zu bleiben, statt an Methoden festzuhalten und sie zu verteidigen.

 

Zweite Welle – Zweite Chance

Schliesslich kann die zweite Welle für Kirchen eine zweite Chance sein, um während dieser Corona-Krise Teil der Lösung zu sein. Verunsicherung und divergierende Meinungen sollen nicht verhindern, sich an der Kernbotschaft des Evangeliums zu orientieren und wahre Hoffnung zu verbreiten. Digitale und analoge Wege können schliesslich ergänzend genutzt werden, um als Kirche lokal vor Ort präsent zu sein.

Weitere Informationen

Videoaufzeichnungen und Skripts der Kurzreferate

  • Gesellschaftliches und ethisches Umfeld von Corona – Thesen, die uns fordern, von Dr. Andreas Walker (weiterdenken.ch): Video und Skript
  • Theologische und kirchliche Analyse, von Prof. Dr. Stefan Schweyer (STH Basel): Video und Skript
  • Gelebte Kirche und pastorale Praxis in Zeiten von Corona – Erste Einblicke in die CONTOC-Studie (Churches Online in Times of Corona) und Fragehorizonte, von Prof. Dr. Thomas Schlag (Zentrum für Kirchenentwicklung): Video und Skript
  • Mission und Evangelisation in Zeiten von Corona – Debora Alder-Gasser (Vineyard Bern): Video und Skript

 

Medienmitteilung «Trotz Pandemie bleiben Kirchen hoffnungsorientiert»