Die Bundesverfassung garantiert die Meinungsfreiheit in der Schweiz. Das Hin und Her um die diesjährige Veranstaltung des «Marsch fürs Läbe» stellt dieses demokratische Grundrecht jedoch akut infrage. Die Schweizerische Evangelische Allianz SEA beleuchtet in der soeben erschienenen Ausgabe des Magazins INSIST unabhängig von diesem bedenklichen Ereignis, aber hochaktuell die Meinungsfreiheit unter anderem aus theologischer, rechtlicher und historischer Perspektive.
«Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.» So garantiert es Artikel 16 der Bundesverfassung. Den Trägerorganisationen des «Marsch fürs Läbe» wird dieses Recht verweigert, indem sie faktisch gezwungen sind, ihre diesjährige Veranstaltung abzusagen. Dazu geführt hat letztlich der Widerruf des Gastrechts für die geplante Veranstaltung in Winterthur durch den Betreiber des Kongresszentrums gate27. Dieser Entscheid ist bedauerlich mit Blick auf die damit einhergehende Beschneidung der Meinungsfreiheit, aber nachvollziehbar angesichts der Gewaltaufrufe von linksextremer Seite.
Zweifelhaftes Vorgehen der Behörden
Die Verantwortung müssen aus Sicht der Schweizerischen Evangelischen Allianz vielmehr die Stadtzürcher Behörden tragen: Sie erteilten erneut keine Bewilligung für einen friedlichen Marsch in Zürich, obwohl sie für denselben Entscheid im Vorjahr von höherer Instanz korrigiert worden waren. Dazu kommt die Androhung gegenüber den Veranstaltern, ihr Verbot nötigenfalls bis vor Bundesgericht zu verteidigen. Damit schränken die Behörden die Meinungsfreiheit der Lebensrechtsvertreter massiv ein und stärken zugleich der gewaltbereiten Gegenseite den Rücken.
Als Repräsentant des Rechtsstaats wäre es stattdessen die Aufgabe der Behörden, die Sicherheit derjenigen zu gewährleisten, die ihre Meinung äussern wollen, und diejenigen in Schranken zu weisen, die Gewalt anwenden. Die gewaltbereiten Gegendemonstranten verhalten sich nicht nur illegal, sondern auch in höchstem Mass widersprüchlich. Sie sind es, die in der Öffentlichkeit immer wieder mit Vehemenz für Selbstbestimmung einstehen und Toleranz für ihre Ansichten einfordern, während sie mit ihrer Intoleranz Andersdenkende mundtot zu machen versuchen.
Ein beunruhigendes Signal
Die Eskalation bereits im Vorfeld des «Marsch fürs Läbe» ist umso bedenklicher, als die Träger des Anlasses Wert darauf legten, nicht unnötig zu provozieren, und die diesjährige Veranstaltung in einem öffentlich weniger sichtbaren Rahmen durchzuführen planten. Angesichts des moderateren Auftretens sind sowohl die heftige Reaktion linksautonomer Kreise als auch das Verhalten der Behörden erst recht unverständlich. Die Frage ist erlaubt, wohin unsere Gesellschaft steuert, wenn es illegal operierenden Gruppierungen gelingt, den legalen Anspruch anderer Gruppierungen auf freie Meinungsäusserung zu torpedieren. Die weltweit zahllosen Beispiele von Unterdrückung bis zu Verfolgung von Menschen wegen ihrer Überzeugungen sollten uns eigentlich Warnung genug sein, der Rechtsstaatlichkeit Sorge zu tragen.
Magazin INSIST über Meinungsfreiheit
Dieses Thema beschäftigt aber nicht nur uns heute. Schon die Griechen schrieben über die Bedeutung von Freiheit. In der Bibel wird das Menschenrecht der Meinungsfreiheit zwar nicht direkt thematisiert, aber es lassen sich viele Bezüge finden und wird immer wieder kritisch darauf hingewiesen, wenn die Meinungsfreiheit nicht gewährt wird. Marc Jost, Generalsekretär der SEA, geht dem grundlegenden Freiheitsrecht in der neuesten Ausgabe des Magazins INSIST aus biblischer Sicht nach. Weiter beantworten die diversen Autorinnen und Autoren die Fragen nach Ursprüngen und aktuellen Tendenzen der Meinungsfreiheit, worauf es bei der Kommunikation des Evangeliums in der Öffentlichkeit ankommt, was Toleranz aus christlicher Sicht heisst. Und sie thematisieren die Bedeutung, Möglichkeiten und Grenzen der Meinungsfreiheit in unterschiedlichen Anwendungsbereichen, zum Beispiel im Umgang mit Kindern oder im Asylwesen.
Weitere Informationen
«Marsch fürs Läbe»-Treffen kann nicht stattfinden – Bericht im IdeaSpektrum
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