Die Situation im Nahen Osten ist nach wie vor sehr angespannt. Viele Menschen leiden und noch immer sind zahlreiche Geiseln nicht befreit. In der Schweiz, Deutschland und Österreich versammeln sich Freitag für Freitag Menschen, um für die konfliktreiche Situation im Gebet einzustehen. Beispiele aus Frankfurt und Schaffhausen zeigen, wie das konkret aussehen kann, und möchten Christen auch an anderen Orten inspirieren, weiterhin gemeinsam zu beten. Gewalt soll nicht das letzte Wort haben, sondern der Friede Christi.
Es ist wieder ein nasskalter Freitagabend in der Nähe der grossen Frankfurter Synagoge und Menschen singen mit Kerzen in der Hand «Dona nobis pacem» (Herr, gib uns Frieden). In der Mitte ein Davidsstern aus Teelichtern. Christinnen und Christen aus verschiedenen Denominationen treffen sich auf einem Platz an der U-Bahnstation Westend, um gemeinsam an der Seite der Schabbat feiernden Juden in der Stadt für ihre Sicherheit zu beten. Unter dem Motto «Nie wieder ist jetzt» setzen sie mit Liedern wie «Hevenu shalom alechem» ein Zeichen gegen den aufflammenden Antisemitismus im Land und beten für die Leidtragenden auf beiden Seiten des Konflikts im Nahen Osten. Mit Klage- und Psalmengebeten setzen sie ihre Hoffnung auf das Eingreifen Gottes und vertrauen nicht allein auf Militär oder Diplomatie. Hat Gott nicht so oft verheissen, dass er unser Gebet in Einheit erhören will? Wie Mose, Aaron und Hur auf dem Berg «die Hand am Thron Gottes» (Ex 17,16a) mit Gebet Geschichte mitschreiben.
Gebet über Gemeindegrenzen hinweg
In Schaffhausen treffen sich jeweils rund 20 Personen dort, wo sich im Mittelalter die Synagoge befand, im ehemaligen jüdischen Quartier. Peter Bösch, der im Kreise der Leiter von Allianz-Gemeinden für diese Gebetswache die Verantwortung übernommen hat, eröffnet jeweils die Gebetszeit. Der Abschluss erfolgt mit einem Lied. Aufgrund der Platzverhältnisse, aber auch, um den Einzelnen die nötige Gelegenheit zum Beten zu geben, teilen sich die Teilnehmenden in Gebetsgruppen auf. Das Gebet ist frei, ergänzt durch Bibeltexte. Eine teilnehmende Jüdin betet in Hebräisch. «Es ist ein Privileg und eine grosse Freude, über die Gemeindegrenzen hinweg in Einheit und unter der Führung des Heiligen Geistes für das Volk Gottes und Gottes Pläne im und für den Nahen Osten einzutreten», berichtet Peter Bösch.
Halbstündige Gebetswachen noch bis Ende Januar
Das gleiche geschieht in anderen Dörfern und Städten in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich. Denn seit dem 1. Dezember hat ein Netzwerk von den nationalen Evangelischen Allianzen der drei deutschsprachigen Länder gemeinsam mit weiteren Partnern zu dieser halbstündigen wöchentlichen Gebetswache freitags um 18 Uhr aufgerufen. Eine kleine, gemeinsam erarbeitete Liturgie und weitere Informationen findet sich auf der Webseite.
«Beten ist normalerweise eine Sache für die stille Kammer», sagt Andi Bachmann-Roth, Co-Generalsekretär der SEA, mit Verweis auf Matthäus 6,6. «Für einmal suchen wir für das Gebet öffentliche Plätze, weil wir mit unserer still betenden Präsenz ein sichtbares Zeichen der Solidarität und Hoffnung setzen wollen – insbesondere auch für die jüdischen Mitmenschen.»
Abschliessen wird die Aktion nach der Allianzgebetswoche der Evangelischen Allianz und der Gebetswoche zur Einheit der Christen der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AGCK) am Freitag, 26. Januar, dem Vorabend des Holocaust-Gedenktages. Alle Gemeinden und Werke, Kirchen und Gruppen sind bis dahin noch aufgerufen, sich mit Gebet zu beteiligen und ein Zeichen des Glaubens und der Hoffnung gegen den Hass und die Gewalt zu setzen, nicht nur bei uns und im Nahen Osten, sondern auch an den anderen Orten von kriegerischer Auseinandersetzung, Leid, Flucht und Vertreibung.