Die beiden Co-Generalsekretäre der SEA, Viviane Krucker-Baud und Andi Bachmann-Roth, stehen den Delegierten Rede und Antwort.
Wir leben in einer Zeit der Polarisierung und immer hitzigeren Debatten. Dr. Michael Berra brachte den rund 90 Zuhörenden an der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA in Zürich die Erkenntnisse des Theologen Emil Brunner näher, im Blick auf Herausforderungen unserer Zeit wie den Umgang mit unterschiedlichen Standpunkten. Die Delegierten wählten ausserdem Marc Jost in den Vorstand und erhöhten die Mitgliederbeiträge ab 2024.
Der promovierte Theologe Michael Berra betonte, dass Emil Brunner, obwohl er im letzten Jahrhundert wirkte, eine Theologie für das 21. Jahrhundert entwickelt hatte: Wahrheit muss als Begegnung verstanden werden. In Jesus können unterschiedliche Standpunkte in der Begegnung zusammenkommen.
Die menschliche Sehnsucht nach Wahrheit und Versöhnung
Wahrheit findet in der Begegnung statt. Und weiter: «Gott ist in Jesus Mensch geworden, er ist die Wahrheit, die personale Wahrheit, das Gegenüber. Wenn Jesus spricht: ‹Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, ich bin das Leben›, dann ist das kein Lehrsatz. Er ist nicht einfach gekommen, die Wahrheit zu bringen, sondern er ist die Wahrheit in Person.»
Brunner stand mit dieser Überzeugung damals zwischen den Fronten, er war den Liberalen zu fromm und den Frommen zu liberal. Generell war Brunners Leben geprägt von vielen Aufs und Abs, durch die Depression seiner Frau, den frühen Verlust von zwei seiner vier Söhne und die theologischen Auseinandersetzungen mit dem Zeitgenossen Karl Barth. Auf dem Sterbebett sehnte sich Brunner allerdings nach einer Versöhnung mit Barth und erhielt sie in Form eines Briefes. Auch wenn Brunner und Barth sich bis kurz vor seinem Tod heftig gestritten haben, versöhnten sie sich am Ende unter Berufung auf Gottes gnädiges Ja zu jedem Menschen.
Höhen und Tiefen bei der SEA
Im Anschluss teilte die SEA bei der Geschäftssitzung im Rückblick die schönen, wie auch die schweren Momente des vergangenen Jahres mit den Gästen und Delegierten. Die vielen Projekte und Veranstaltungen über Kirchengrenzen hinweg gehörten zu den Highlights. Die SEA bietet Hilfe als Brückenbauerin und Plattform für die Allianzsektionen. Beispielsweise bei der Aufklärung über die Sekte «Shincheonji», bei der Durchführung des PraiseCamps, im Projekt «Zukunft Mission» oder dem «International Leaders Meeting».
Leider kamen die finanziellen Einnahmen und Ausgaben nicht wie gewünscht zusammen. 2022 war ein verlustreiches Jahr für die SEA, unter anderem wegen gestiegener Lohnkosten und eingebrochener Spendeneinnahmen.
Erhöhung der Mitgliederbeiträge ab 2024
Die aktuelle finanzielle Lage ist aber nur ein sekundärer Grund für den Vorschlag des Vorstands, ab 2024 Mehreinnahmen aus den Mitgliederbeiträgen zu generieren. Primär will er auf die Tatsache reagieren, dass die Arbeit der SEA in den letzten zehn Jahren umfassender geworden ist. Beispielhaft seien die zielgerichteten Investitionen in den Bereichen Jugend, Interkulturell und politisches Lobbying, die zentrale koordinierende Rolle in Krisen wie dem Krieg in der Ukraine und das Mitprägen von gesellschaftlichen Entwicklungen erwähnt. Gleichzeitig hat die SEA Massnahmen ergriffen, um Ausgaben zu reduzieren. So wurde die Mietfläche im neuen Büro um die Hälfte reduziert, Delegationen für Reisen werden verkleinert und mit Kooperationen sollen weiter Ressourcen gespart werden.
Deutlich unterstützten die anwesenden Stimmberechtigten den Grundsatz, dass die Mitgliederbeiträge für Einzel- wie Kollektivmitglieder erhöht werden sollen. Nach konstruktiven Fragen bevorzugte eine Mehrheit eine Erhöhung des Einzelmitgliedschafts-Beitrags auf CHF 150.- (bisher 120.-) sowie des Kollektivmitgliedschafts-Beitrags auf CHF 430.- (bisher 365.-).
Im Vorstand standen einzelne Erneuerungswahlen an. Sowohl die reformierte Pfarrerin Kati Rechsteiner als auch Peter Schneeberger, Präsident des Dachverbands Freikirchen.ch, schafften die Wiederwahl problemlos. Wieder und doch in einer neuen Rolle in den Vorstand gewählt wurde zudem Marc Jost, Nationalrat und bis vor einem halben Jahr Co-Generalsekretär der SEA.
Nächstes Jahr findet die Delegiertenversammlung am Freitag, 3. Mai, statt. Bis dahin hofft die SEA auf ein weiteres Jahr der Begegnungen und des Zusammenkommens.
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Die Delegiertenversammlung in Bildern
Bericht auf Livenet: «Wahrheit kann nicht subjektiv sein»