Wie denken (Frei-)Kirchen in der Schweiz über Mission, inwiefern sind sie selbst aktiv, wo sehen sie Chancen und Herausforderungen, um in der heutigen Zeit Glauben und Hoffnung zu teilen? – Spannende Fragen, die bislang einer systematischen Beantwortung harren. Das soll die «Konsultation zu Mission» ändern, welche die Missions- und Entwicklungsorganisation «Life In Abundance» (LIA) mit der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA und weiteren Partnern durchführt. Die Ergebnisse zeigen unter anderem das Potenzial einer stärkeren Zusammenarbeit missionaler Akteure und die Bedeutung visionärer Leitungspersonen.

 

Die Projektleiterin und Sozioökonomin Dr. Julia Henke von LIA hat mit 25 Verbandsleitern und Pastoren evangelisch-freikirchlicher Kirchen in der Deutschschweiz gesprochen. Die Befragungen bilden die Grundlage für einen Bericht, der einen Überblick gibt über das aktuelle Denken über Mission sowie die missionale Praxis in Schweizer Freikirchen und der ihre Auseinandersetzung mit dem Thema fördern soll. Der Begriff «Mission» wurde dabei von den Teilnehmenden selbst definiert und kann sowohl Evangelisation wie auch soziales Engagement in der Schweiz und im Ausland umfassen.

 

Die Studie wurde in Partnerschaft mit der SEA, ihren Arbeitsgemeinschaften Evangelischer Missionen (AEM) und Interaction sowie dem Dachverband Freikirchen.ch durchgeführt und fachlich begleitet von einem Beratungsausschuss, der aus Theologinnen und Missiologen verschiedener christlicher Ausbildungsstätten (Bienenberg, IGW, ISTL, TSC, HET-PRO) besteht. Die operativen Kosten des Projekts werden von LIA getragen und sind ein Geschenk an die Kirche in der Schweiz.

 

In den Interviews mit den Leitungspersonen kristallisierten sich vier Themenbereiche heraus (siehe Zusammenfassung unten), die in nächster Zeit mit verschiedenen missionalen Akteuren weiter vertieft werden sollen: Missiologie, regionale und thematische Leiterschaft, internationale Mission sowie Weltbild und Transzendenz.

 

Wer sich eingehender mit den Ergebnissen und Schlussfolgerungen der Konsultation auseinandersetzen möchte, kann den gesamten Bericht als gedruckte Ausgabe bestellen oder eine digitale Kurzfassung beziehen.

 

Zweite Konsultation unter Missionsorganisationen

Der vorliegende Bericht umfasst die Sicht von Kirchgemeinden und Gemeindeverbänden, dient aber als Grundlage für einen vertieften Austausch mit verschiedenen missionalen Akteuren in der Schweiz. Denn das Ziel ist es, mit der Konsultation die Grundlage für einen Visionsprozess zu legen, der in weiterführenden Projekten mündet, damit Synergien gestärkt und entwickelt werden. Aus diesem Grund mandatierte die AEM Julia Henke, eine zweite Konsultation unter interkulturell tätigen Missionsorganisationen durchzuführen.

 

Am diesjährigen Leiterinnen- und Leiterforum von SEA und Freikirchen.ch (auf Einladung) im Dezember werden die laufenden Diskussionen und Konsultationen zum Verständnis von Mission weiter gebündelt. Dies soll schliesslich in eine geschärfte gemeinsame Sicht auf Gottes Mission und ein geklärtes Mit- und Füreinander münden.

Zusammenfassung der Schlussfolgerungen

 

Missiologie: Die Ideen der Missio Dei und einer missionalen Ekklesiologie sind breit verankert. Die verschiedenen theologischen Aspekte (das Evangelium, das Reich Gottes etc.) scheinen aber nicht immer integriert zu werden und auch die Umsetzung (insbesondere von Mission als Transformation) scheint wenig klar. Es besteht daher ein Klärungsbedarf des Zusammenhangs von Missiologie mit Soteriologie, Ekklesiologie sowie Eschatologie. Es wäre empfehlenswert, Missionsstrategien vermehrt theologisch zu reflektieren und zu begleiten und eine gemeinsame Sprache zu schaffen, vielleicht durch ein einfaches Konzept, welches die Pluralität der Missionsansätze darstellt.

 

Regionale und thematische Leiterschaft: Die Stärke der meisten befragten Leitungspersonen liegt in der praktischen Umsetzung missionaler Aktivitäten, die an eine grosse Vielfalt an Zielgruppen gerichtet sind. Visionäre Leitungspersonen sind ein entscheidender Erfolgsfaktor florierender Gemeinden. Es liegt viel Potential in der Stärkung regionaler und thematischer Zusammenarbeit: Wenn verschiedene missionale Akteure sich um eine geteilte Vision für ihre Region oder ihren Einflussbereich zusammenschliessen, können sie ihre Ressourcen bündeln und ihre Stärken optimal einbringen.

 

Internationale Mission: Gemeindeleitungen spielen eine wichtige Rolle für die strategische Ausrichtung der internationalen Mission aus der Schweiz: Sie prägen ihre Gemeindemitglieder und entscheiden über Spenden. Diese Rolle scheint den meisten Pastorinnen und Pastoren wenig bewusst; sie delegieren die Vision für internationale Mission an Missions- und Hilfswerke oder an Einzelpersonen, die sich aussenden lassen wollen. Einige Pastoren empfinden ausserdem einen Zielkonflikt zwischen der Wirksamkeit internationaler Missionsprojekte und dem seelsorgerlichen Anliegen gegenüber den gesandten Gemeindegliedern. Es wäre empfehlenswert, die Themen befruchtende Partnerschaft, Wirkung sowie Wirkungsmessung gemeinsam mit den Gemeindeverbänden, Missionswerken und Ausbildungsstätten aufzugreifen.

 

Weltbild und Transzendenz: Kirchen jeder Kultur und Zeitepoche stehen im Spannungsfeld, die christliche Botschaft «in der Welt doch nicht von dieser Welt» zu bezeugen. Die in Westeuropa vorherrschende materialistische Weltanschauung hinterlässt auch in der christlichen Kultur in der Schweiz Spuren. Es scheint, dass für evangelisch-freikirchliche Leiterinnen und Leiter die unsichtbare Welt – ob in Form von Prinzipien oder Praktiken – wenig real und daher wenig relevant ist. Es wäre empfehlenswert, den Austausch mit Gläubigen anderer Kulturen, die einen unmittelbareren Zugang zur geistlichen Welt haben, zu fördern, sowohl im theologischen Austausch wie auch in der Missionspraxis.

 

Weitere Informationen

Aktuelles Dossier zum Projekt «Zukunft Mission»

Life In Abundance